Manchmal begegnet man Menschen, bei denen man im ersten Augenblick der physischen Wahrnehmung eine starke Verbundenheit spürt – so ist es mir, Diana Kauba, mit Herrn Stefan Kutzenberger ergangen. Im Rahmen der SAG (Salzburger AutorInnengruppe) habe ich mich für eine Schreibwerkstatt bei diesem angemeldet, die Mitte Mai im Literaturhaus Salzburg stattgefunden hat. Da ich aus Zeitmangel nie im Vorfeld über den Leiter oder die Leiterin einer solchen recherchiere, weder hinsichtlich deren beruflichen Werdeganges noch in privater Hinsicht (Alter, Aussehen, Wohnort, Familienstand, Kinderzahl usw.), bin ich unvoreingenommen und wie ein unbeschriebenes Blatt in dieses Arbeitswochenende hineingegangen. Im Vorfeld hatte Herr Kutzenberger den Teilnehmern Texte von Jorge Luis Borges, der sich zeitlebens mit sich selbst beschäftigt hat und in seinen Texten jüngeren oder älteren Versionen seiner Selbst begegnet ist, und daher so passend für unser Thema „Doppelgänger“ waren, überreicht.
Nach ein paar Aufwärmübungen am Vormittag des ersten Tages (10.5.24), ging es daran eine Dankesrede für eine Buchpreisverleihung zu Papier zu bringen, die wir sieben Teilnehmer am Nachmittag den Anderen vorgetragen haben. Die Reden von uns allen waren großartig, jedoch waren das Highlight für mich, die sieben von Herrn Kutzenberger fast aus dem Stehgreif vorgetragenen Ankündigungen der Preisträger – unglaublich und nicht zu toppen! Um das nachvollziehen zu können, hättet ihr dabei sein müssen . Am nächsten Tag in der Früh ging es ins Eingemachte, ein Text sollte entstehen mit dem Thema „Begegne dir selbst“ und wahrlich erstaunlich, welche unterschiedlichen Texte sich im Laufe des Tages entwickelten. In meinem Text habe ich mich mit mir als Autorin auseinandergesetzt, wie schwierig es ist, vor Bekannten und Verwandten sowie vor sich Selbst den Wunsch des Schreibens zu formulieren, sich zu outen, dass es das ist, was man für den Rest seines Lebens machen möchte. Die Texte wurden dann am 14.05. im Literaturhaus Salzburg in Form einer Lesung von uns Teilnehmern vorgetragen. Der Abend war für uns alle erfolgreich und unsere Wege trennten sich.
Ich war neugierig auf die Werke von Herrn Kutzenberger und habe mir „Friedinger“ (sein erstes Buch, erschienen 2018 im Deuticke Verlag) in den Griechenlandurlaub mitgenommen. Plötzlich befand ich mich nicht nur in der Realität auf einer Insel in Griechenland, sondern auch im Buch – gemeinsam mit Kutzenberger und Friedinger. Mit einem Schriftsteller, der sich mit seinem Schriftstellerdasein, mit seinen Selbstzweifeln an seinem schriftstellerischen Können auseinandersetzte und eben Friedinger, der diesem unverhofft den Kriminalfall für sein erstes Buch lieferte. Mit jeder Seite wurde mir klar, warum eine solche Verbundenheit mit Herrn Kutzenberger gegeben war, obwohl ich diese Gemeinsamkeit beim persönlichen Treffen nicht kannte. Dieses außergewöhnliche Buch, welches ich mit nichts vergleichen kann, was ich bisher gelesen hatte, weil es eben einzigartig im Perspektivenwechsel und im zeitlichen Gefüge ist. Ebenso ungewöhnlich ist die Namensgebung des Protagonisten, nämlich diesem den Namen von sich selbst zu geben: Stefan Kutzenberger. Natürlich bleibt offen oder unbestätigt, was Fiktion und was tatsächlich Erlebtes ist, nur bin ich mir bei einem Punkt eben zu hundert Prozent sicher, dass dieser der Realität entspricht, nämlich der innere Kampf des Autors Stefan Kutzenberger mit seinem Dasein als Schriftsteller.
Mein Dank geht an Herrn Stefan Kutzenberger für eine sehr gelungene Schreibwerkstatt und an ihn als Schriftsteller für das Buch Friedinger, welches mich sehr beeindruckt hat.